Bedeutung des Tourismus für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt in Südafrika
Der Tourismus hat für die Wirtschaft und Schaffung von Arbeitsplätzen in Südafrika eine enorme Bedeutung. Auf der Indaba, eine der drei größten Tourismusmessen weltweit und die größte in Afrika, hat der Präsident Ramaphosa im letzten Jahr die Tourismusindustrie noch als das neue Gold Afrikas bezeichnet.
Jährlich kommen etwas mehr als 10 Mio Touristen* nach Südafrika, die meisten davon aus Afrika (ca. 75%).
Etwa 2,6 Mio kommen aus Übersee, wobei Touristen aus Nordamerika und Europa den größten Anteil stellen, gefolgt von Touristen aus Asien.
Die meisten europäischen Touristen kommen aus UK, Deutschland, den Niederlanden und Frankreich (Quelle: Source: Stats SA Tourism & Migration report December 2018)
Wirtschaftliche Bedeutung
Der Tourismus trägt direkt zu 2,8% am GDP (Bruttosozialprodukt) bei, indirekt sogar 8,2% (2018).
Der indirekte Beitrag zum GDP betrifft viele Bereiche. So werden fast 10% der Neuwagen, die in SA produziert werden, von Mietwagenunternehmen gekauft. Hinzu kommen die Käufe von Kleinbussen und Bussen durch Tourunternehmer.
In der Textilindustrie (Bettwäsche, Handtücher, Gardinen, Kleidung, usw.) und bei der Produktion von Möbeln, Geschirr, Besteck, Küchengeräten, Reinigungsmitteln, usw. spielt der Tourismus eine große Rolle.
Banken verdienen große Summen durch das Bezahlen mit Kreditkarten und auch Marketingfirmen und Sicherheitsdienste profitieren nicht unerheblich vom Tourismus.
Einer der größten Profiteure vom Tourismus ist die Landwirtschaft. Dass der Konsum von Wein dadurch angekurbelt wird, liegt auf der Hand. Aber auch der Verkauf von Fleisch, Getreideprodukten, Milchprodukten, Obst und Gemüse wird gefördert. Der Verzehr von Eiern allein durch Touristen beläuft sich auf 50 Mio/Jahr.
Bedeutung für den Arbeitsmarkt
Auf dem Arbeitsmarkt spielt der Tourismus ebenfalls eine große und nicht wegzudenkende Rolle. 4,2% der Arbeitnehmer arbeiten direkt im Tourismusbereich und indirekt 9,2% (2018).
In konkreten Zahlen sind das ca. 1,5 Mio Arbeitnehmer, die durch den Tourismus ihren Lebensunterhalt verdienen. Laut WTTC (World Travel & Tourism Council) kam in den letzten 5 Jahren in SA einer von 5 neu geschaffenen Arbeitsplätzen auf das Konto der Tourismus- und Reisebranche.
Die meisten im Tourismus beschäftigten Arbeitnehmer sind nicht qualifiziert genug, um in anderen Bereichen Arbeit zu finden und sie gehören größtenteils zu den niedrigen Einkommensgruppen. Während Besserverdienende durchschnittlich einen Haushalt von 2-3 Personen ernähren, sind es im einkommensschwachen Bereich deutlich mehr. D.h., dass die 1,5 Mio Arbeitnehmer nach vorsichtigen Schätzungen mindestens 4,5 Mio Menschen ernähren. Eine Zahl von 7 Mio ist nicht unrealistisch.
Auswirkungen der Corona-Pandemie
Mit dem Lockdown Ende März sind der Tourismus und die von ihm abhängigen Bereiche völlig zum Erliegen gekommen. Die Verluste belaufen sich inzwischen auf 3,4 Milliarden Euro. Unterkünfte, angefangen von großen Hotels bis hin zu kleinen Gästehäusern, aber auch Tourunternehmen und nicht zu vergessen die vielen freiberuflichen Tourguides haben keine Arbeit und damit kein Einkommen mehr. Das gilt auch für die zahlreichen privaten Wildparks, die ausschließlich vom Tourismus leben. Natürlich sind auch die ca. 23000 Restaurants betroffen. Von den 800000 Angestellten sind zurzeit 80% arbeitslos.
Allein durch den Rückgang des Tourismus muss mit dem Verlust von ca. 1,1 Mio Arbeitsplätzen gerechnet werden. Mit fatalen Folgen für die Wirtschaft eines Landes, das schon zu normalen Zeiten eine Arbeitslosenquote von fast 30% hat.
Von denen, die im Markt mit internationalen Gästen tätig sind, werden 85% die nächsten 11 Monate nicht überleben!
Eine Öffnung des Inlandtourismus wird die Situation nur unwesentlich verbessern. Ähnlich wie Italien und Spanien ist Südafrika hauptsächlich von Touristen aus dem Ausland und da insbesondere aus den oben genannten Regionen abhängig.
Ausblick
Seit Juni sind Reisen aus geschäftlichen Gründen wieder erlaubt und Restaurants sollen unter strengen Vorsichtsmaßnahmen Gäste bewirten dürfen. Weiterhin sind aber Reisen über Provinzgrenzen hinweg nicht möglich.
So sehr die vorsichtigen Lockerungen auch zu begrüßen sind, wirklich helfen wird nur die Öffnung der Grenzen für ausländische Besucher.
Seit einigen Wochen geistern Meldungen durch alle Medien, dass die Grenzen erst wieder im Februar 2021 geöffnet werden. Das ist definitiv nicht wahr und häufiges Wiederholen sowohl in sozialen als auch normalerweise anderen seriösen Medien erhöht nicht den Wahrheitsgehalt.
Zurzeit gibt es verstärkt Bemühungen von verschiedenen Organisation, die Einreise bereits ab September zu gestatten. Das sind wie gesagt aber nur Bemühungen und zurzeit kann keiner seriöse Aussagen über Grenzöffnungen machen. Ich persönlich glaube, dass das deutlich vor Feb 2021 sein wird, aber ob das schon in gut 2 Monaten eintrifft, ist alles andere als sicher.
Es ist in erster Linie nicht ganz so wichtig, ob die Grenzen im September, Oktober oder im schlimmsten Fall noch später geöffnet werden. Wichtig ist, dass die Regierung in kürzester Zeit einen festen Termin ankündigt, damit für Reiseanbieter jeder Art und für den Privatkunden Planungssicherheit besteht.
Gillian Saunders (bis 2018 Sonderberaterin des damaligen Tourismusministers, heute unabhängige Beraterin für Tourismus und Gastgewerbe) hat die Situation mit deutlichen Worten so beschrieben:
‚Wenn die Regierung glaubt, dass sie nächstes Jahr aufwachen und den Tourismus wieder ankurbeln kann, um dringend benötigte Devisen zu beschaffen, dann erwartet sie ein böser Schock. Es wird keine Industrie mehr geben. Das ist völliger Wahnsinn.‘
Die wichtigsten Quellenangaben
Stats SA
National Department of Tourism
South African Tourism
Tourism Update
Southafricanmarket
Wikipedia
*UNWTO-Definition für Tourist
Laut der UNWTO (Weltorganisation für Tourismus) ist ein Tourist jeder Besucher, der für mehr als eine Nacht, aber weniger als zwölf Monate an einen Ort außerhalb seines gewöhnlichen Umfelds reist und dessen Hauptzweck der Reise nicht die Ausübung einer aus dem besuchten Ort vergüteten Tätigkeit ist.